Fröhliche Jugendliche in der Diskussion mit einem Pädagogen. Ein gemeinsames Problem wird kreativ gelöst, die Stimmung ist positiv.
Lesedauer ca. 4 Minuten

An dieser Blogparade von Niels Winkelmann (Sein Blogbeitrag) beteilige ich mich sehr gerne, weil mir das Thema OEP (Open Educational Practices) sehr am Herzen liegt. Was ist das? OEP? #

„Offene Pädagogik bezeichnet alle Handlungen von Lehrenden, die auf eine Verbesserung der eigenen Bildungspraxis durch deren Öffnung in verschiedenen Aspekten abzielen. Bei OEP geht es um die Herstellung von Rahmenbedingungen, welche die Verwendung, Gestaltung und Management von Offenen Bildungsressourcen fördern. Offene Bildungspraktiken werden als Teil von Offener Pädagogik verstanden (vgl. Hegarty 2015).“

Im Jahr 2007 wurde die Cape Town Open Education Declaration verfasst. „Die (..) “Open Education” Bewegung verbindet die alte Tradition Wissen und Ideen gemeinsam zu entwickeln und auszutauschen mit den neuen Möglichkeiten der Vernetzung und Interaktivität, die das Internet bietet. Sie basiert auf dem Grundprinzip, dass jeder die Freiheit haben sollte, Bildungsmaterialien zu nutzen, zu verändern, verbessern und weiterzugeben – ohne Einschränkungen. (..) Die Idee von “Open Education” führt noch weiter. Sie fördert den Zugang zu Technologie, unterstützt kollaboratives Lernen, und bietet darüber hinaus neue Möglichkeiten erlangtes Wissen zu prüfen, testen, und nachzuweisen. Es ist wichtig, die Vision von frei zugänglicher Bildung zu realisieren, zu verstehen und zu fördern. “Open Education” wird die bestehende Bildungslandschaft absehbar grundlegend verändern.“

Bevor ich in den Schuldienst kam, habe ich ein Jahrzehnt als Streetworker gearbeitet. Eine Grundlage dieser aufsuchenden sozialpädagogischen Arbeit war des Mindset. Dieses Mindset umfasste die proaktive Bereitschaft zur kollegialen Fallberatung, dem kollaborativen Entwickeln von konkreten Projekten, das gemeinsame Sammeln von Ideen und Aktionen sowie zielgruppenorientierte Maßnahmen in der professionellen Gruppe von Kolleginnen und Kollegen zu entwickeln.

Wir Streetworker:innen haben immer gewusst, dass wir mit einer sehr volantilen Zielgruppe arbeiten. Daher haben wir schon agil gehandelt, bevor es so genannt wurde. Wir haben immer aus dem gelernt, was passiert ist. Ganz unabhängig davon, ob unsere Planung funktioniert oder ob sie nicht funktioniert hatte.
Das Ziel war es, die von Ausgrenzung und Kriminalität bedrohte Zielgruppe dabei zu unterstützen, sich die Kompetenzen anzueignen, die es ihnen ermöglichen ihr Leben so gestalten, wie sie es wünschen.

Für jemand, der agil denkt und handelt, ist also nur folgerichtig, dass die agilen Werte der Transparenz, der Iteration, des Feedbacks, der Offenheit und des Muts und Respekts in OEP eine große Rolle spielen und einnehmen müssen.
OEP wird verschieden definiert, treffend finde ich die Dimensionen von Hegarty.

„Hegarty stellt die Öffnung von Pädagogik in verschiedenen Dimensionen in den Mittelpunkt und definiert Offene Pädagogik anhand von acht Eigenschaften:

– Einsatz von (mobilen) Technologien zur Förderung von Teilhabe
– Entwicklung von Offenheit, Zuversicht und Vertrauen im gemeinsamen Umgang
– Ermutigung zu spontaner Innovation und Kreativität
– Freies Teilen von Ideen und Ressourcen für die Verbreitung von Wissen
– Teilnahme an einer […] Gemeinschaft von Professionellen
– Förderung von Beiträgen durch Lernende in Form von OER
– Beteiligung an Möglichkeiten zur Reflexion der eigenen Praxis
 und Mitwirkung an der kritischen Diskussion [eigener/] fremder Lehre“1

Wie können wir OEP in die Breite bringen? Es beginnt damit, dass wir unser Mindset der Vermittlung der 6Cs nach Fullan zuwenden. Weg von Unterrichtsinhalten, die für alle zur gleichen Zeit das Gleich bereitstellen, hin zu individualisiertem Lernen.

Es wird auch Zeit die Türe des Unterrichtsraumes im sprichwörtlichen Sinne offen zu lassen. Die offene Türe lässt einen oder mehrere Blicke in die eigene Arbeit zu. Vor Allem aber ist sie ein Zeichen für Offenheit.

Kontinuierliches Feedback von und für Lernenden und Kolleg:innen, zum Beispiel mit EMU, erzeugt Gesprächsanlässe, Impulse zur Weiterentwicklung und gibt wertvolle Hinweise für den eigenen Unterricht.
In der Lehrerfortbildung und im gesamten schulischen Bereich einsetzbar sind Barcamps. Barcamps sind ein wichtiger und unterstützender Baustein von OEP und OER. Einerseits schafft ein Barcamp Raum und Zeit für die Themen, Bedürfnisse und Ideen von der Teilgebenden, andererseits können die Teilgebenden in den Sessions die eigene Praxis reflektieren und in die kritische Diskussion mit anderen zu gehen.
Social Media ist Teil meines #workoutloud und meines PLN, somit auch Teil von OEP. Mit dem öffentlich machen von eigenen Projekten, Haltungen und Sichtweisen auf Social Media und anderswo gehen wir genau in den Diskurs, der Feedback und interatives Denken und Überarbeiten von Projekten und Ideen anbahnt und natürlich ermöglicht.

Open Educational Practices verschwinden in der Diskussion und in der Betrachtung hinter den Open Educational Ressources. Das ist nicht verwunderlich, da das System Schule so funktioniert. Offene Materialien, die ich direkt einsetzen kann, erzeugen einen wesentlich geringeren Widerstand wie der Ruf nach Veränderung der alten Strukturen und Hierarchien.

Die nicht aufzuhaltende Veränderung benötigt ein verändertes mindset. Offene Pädagogik und Bildung bedeuten zwingend Partizipation, Kollaboration und Feedback. Auf allen Ebenen.

Kerstin Mayrberger, Professorin für Lehren und Lernen an der Hochschule mit dem Schwerpunkt Mediendidaktik an der Universität Hamburg, Interview aus 2019

  1. https://wb-web.de/wissen/medien/open-educational-practices-oep-als-teil-einer-offenen-padagogik.html ↩︎

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