Sephora-Kids

Lesedauer ca. 3 Minuten

Ein Artikel mit einer heutigen Tageszeitung hat mich darauf gebracht, meine Gedanken zum Thema „Sephora-Kids“ nieder zu schreiben.  Der Artikel berichtet über Grundschülerinnen in den USA, die im Alter von 8-12 Jahren TikTok-Videos drehen, in denen sie teure Kosmetikartikeln (unter Anderem von Sephora) wie Influencerinnen vorstellen und besprechen.  Der Artikel reißt kurz an, was die Gründe sein können und was die Risiken für die jungen Mädchen sind. Nahezu alle jugendlichen Mädchen, die ich kenne, sind auf Social Media. Und Sephora kenne ich auch von Innen.

Das Patriarchat und der Einfluss von ökonomisch ausgerichteten Meinungsmacher:innen wie TikTok, Instagram, Heidi Klum mit GNTM und vielen Anderen (die Liste wäre lang) spielen eine große Rolle in der Art und Weise, wie Mädchen und Frauen in unserer Gesellschaft behandelt und wahrgenommen werden. Von klein auf werden Mädchen oft dazu ermutigt, sich hübsch zu machen, Make-up zu tragen und einem bestimmten Schönheitsideal zu entsprechen. Dadurch entsteht ein Druck, sich schon in jungen Jahren mit Äußerlichkeiten auseinanderzusetzen und sich zu inszenieren. Eltern erziehen überwiegend, bewusst und unbewusst, geschlechtsspezifisch und festigen solche Rollen und Selbstdefinitionen. 

Das Phänomen der “Sephora-Kids” zeigt, wie junge Mädchen bereits früh lernen, sich selbst als Objekt zu inszenieren und ihre Selbstwertgefühle von ihrer äußeren Erscheinung abhängig zu machen. Sie lernen, dass ihr Wert als Person davon abhängt, wie gut sie aussehen und wie gut sie sich inszenieren können. Und natürlich von der Aufmerksamkeit im Netz. 

Diese Entwicklung birgt natürlich Risiken. Junge Mädchen könnten ein verzerrtes Bild von sich selbst und von Schönheit bekommen, was zu einem niedrigen Selbstwertgefühl, Essstörungen und anderen psychischen Problemen führen kann. Zudem könnten sie früh sexualisiert werden und in die Fänge einer hypersexualisierten und konsumorientierten Gesellschaft geraten.

Es ist wichtig, dass wir als Gesellschaft kritisch hinterfragen, welche Werte und Normen wir vermitteln und wie wir junge Mädchen ermutigen, sich selbstbewusst und selbstbestimmt zu entwickeln. Statt sie dazu zu ermutigen, sich zu inszenieren und einem bestimmten Schönheitsideal zu entsprechen, sollten wir sie dazu ermutigen, sich selbst zu akzeptieren, sich für ihre Talente und Fähigkeiten zu feiern und sich unabhängig von ihrem Aussehen stark zu fühlen. 

Natürlich inszenieren sich die Mädchen auch auf Social Media, weil es eben „einfach Alle machen“. Mit dabei sein zu wollen, mitreden zu können und nicht als Außenseiterin dazustehen, das sind Bedürfnisse aller jungen Menschen. 

Likes sind die Währung in der Welt junger (und alter) Menschen. Viele Likes sichern Aufmerksamkeit und Anerkennung, schaffen oder sichern einen (virtuellen) Status. Ich kenne erwachsene Menschen, die Geld in die Hand genommen haben, um sich über eine Plattform 1000 Follower:innen mehr auf Instagram zu kaufen. 

Die Wirkung von Likes haben aber auch einen anderen Hintergrund und der ist neurologisch. „Blinkt ein Like, blinkt es im Belohnungszentrum, dem sogenannten ventralen Striatum. Das wird sonst bei Essen, Trinken, Sex und Geld aktiv – oder beim Drogenkonsum.“, so Dar Meshi, Neurowissenschaftler an der Universität Michigan State in einem Interview mit der Deutschen Welle (Link am Ende des Beitrags).

Es ist daher wichtig zu verstehen, dass der Drang nach Bestätigung und Anerkennung auf Social Media nicht nur oberflächlich und durch die peergroup beeinflusst ist, sondern tief in unserem Gehirn verankert ist. Dieser Drang kann dazu führen, dass junge Mädchen sich ständig vergleichen, ihr Selbstwertgefühl von Likes und Kommentaren abhängig machen und letztendlich in einen Teufelskreis aus Selbstzweifeln und Unsicherheiten geraten.

Wir müssen als Gesellschaft, als Eltern und Lehrer:innen Verantwortung übernehmen und junge Mädchen darin unterstützen, ein gesundes Selbstbewusstsein und eine positive Selbstwahrnehmung zu entwickeln. Statt den Druck zu erhöhen, sich perfekt zu inszenieren, sollten wir sie dazu ermutigen, authentisch zu sein und sich selbst treu zu bleiben.

Es ist wichtig, dass wir in dieser digitalen Ära ein Bewusstsein für die Auswirkungen von Social Media und Influencer:innen auf junge Mädchen schaffen und sie dabei unterstützen, ihre eigenen Werte und Interessen zu entwickeln, unabhängig von äußeren Einflüssen. Also müssen wir einerseits Rollenklischees, Rollenzuschreibungen und gesellschaftliche Zusammenhänge im Unterricht thematisieren und zugleich einen Raum schaffen, in dem jeder junge Mensch sein kann, wie sie oder er ist.

Wir können junge Mädchen dabei unterstützen zu selbstbewussten und starken Frauen heranzuwachsen, die nicht davon abhängig sind, wie viele Likes sie bekommen oder wie Dritte sagen, wie gut sie aussehen würden. Das ist nicht nur eine Aufgabe der Gesellschaft und der Eltern, es ist auch ein schulischer Auftrag. 

Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, eine Welt zu schaffen, in der Mädchen sich für das feiern, was sie wirklich ausmacht, und nicht für das, was sie vorgeben zu sein.

ZDF Heute zu den Sephora-Kids

Beitrag der Deutschen Welle

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