Lernen in der Krise – Was hat funktioniert?

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Bildung ist unser Auftrag und da geht’s ja schon los mit der Definition. Was die/der Einzelne unter Bildung versteht ist sehr unterschiedlich. Wenn wir von der sogenannten zeitgemäßen Bildung sprechen, dann sprechen wir meiner Meinung nach davon, dass alle Möglichkeiten auf dem Tisch liegen und alle auch, je nachdem wie sinnvoll sie im speziellen Moment sein mögen, genutzt werden. Und was haben wir alle ausprobiert? Von MSTeams über Adobe Connect, es wurden YouTube-Videos veröffentlicht und über Discord gechattet. Es kann aber auch die Marshmallow-Challenge für 80 SchülerInnen einzeln einzutüten und zu versenden (1 Marshmallow, 20 Spagetti und 1m Kreppband auf einem Holzdübel) bedeuten.

Ich war als Vater (und die beiden Kinder auch) relativ geplättet vom Umfang der analogen Arbeitsblätter meiner beiden Kinder (3. und 5. Klasse). Nicht nur einmal habe ich die Sinnhaftigkeit des Fließbandabarbeitens von Arbeitsblättern bezweifelt. Das kann durchaus nicht alles gewesen sein. Der Gitarrenunterricht zumindest war einfach so auf Videochat mit FaceTime umgestellt.

Wir haben einen Instagram-Channel für die Schule eingerichtet um auf einem zielgruppenorientierten Medium „in touch“ zu bleiben. Es ist erstaunlich und erfreulich wie schnell solche Dinge auf einmal funktioniert haben und weiterhin funktionieren. Zuvor hätten wir (mindestens) zwei Lehrerkonferenzen für diese Entscheidung gebraucht. Jetzt streamen wir seit dem Beginn des homeschooling zweimal die Woche live ein workout für zuhause.

Die Bildungsschere geht auseinander, die Bildungsungerechtigkeit bestand zuvor und zeigt sich in der Krise deutlich bei aller Euphorie über unsere kreativen und engagierten adhoc-Massnahmen, digital wie analog. Wenn drei Kinder einen WLAN-Anschluss nutzen, der einzige PC der Familie nur bedingt und der Drucker tatsächlich nicht funktioniert, dann kann Fernunterricht nur ansatzweise stattfinden.

Ich habe zwei KollegInnen mit Klassenleitung gefragt, welche drei Dinge ihnen als erstes einfallen, die in den letzten Wochen gut funktioniert haben:

Beide lobten das Lernmanagementsystem www.cloudschool.org, auf dem mein Kollegium sehr engagiert und individuell ihr Arbeitsmaterial online zur Verfügung stellte. Es lief stabil und ist einfach, für LehrerInnen wie SchülerInnen, zu bedienen. Es haben sich circa 2/3 aller SuS bei den Lehrkräften zurückgemeldet. Dies ist ein sehr hoher Wert, wenn man den Rücklauf von Arbeitsaufgaben im „normalen“ Schulbetrieb damit vergleicht.

Ganz besonders sei auch die Zusammenarbeit online in Videokonferenzen und Telefonaten von kleinen Lehrerteams gewesen. Man sei näher zusammengerückt.
In der achten Klasse hat die Klassensprecherin die Lernbegleiterin organisatorisch in der Durchführung unterstützt, auch das sehr beeindruckend und sinnbildlich für das Zusammenrücken in der Krise.

Ich habe eine Videokonferenz mit „meiner“ SMV durchgeführt und es waren nahezu alle da und es war schön sich auszutauschen und zu hören/sehen. Sie sprachen sich einhellig dafür aus sich diesen Mittwoch in den Ferien auch zu „treffen“. Ist doch klar, dass wir das machen.

Folgende Grundsätze für Pädagogik wurden durch die letzten Wochen bestätigt:

  1. Bildung ist Beziehungsarbeit.
  2. Bildung ist erschwert durch die individuellen Zugangsmöglichkeiten zum Internet.
  3. Bildung hängt von der sozialen Herkunft ab.
  4. Bildung findet (auch) außerhalb von Schule statt.
  5. Bildung muss partizipativ sein, sie muss den Bedürfnissen und Interessen der Lernenden Rechnung tragen.

Und vor Allem. Wem würde ein Zacken aus der Krone brechen, wenn die Abschlussjahrgänge dieses Jahr einfach keinen Abschluss machen müssen und ihn ohne Prüfung erhalten? Wenn man die Abschlussnote aus allen Leistungen der letzten Jahre ableitet? Warum sollten nicht einfach alle AbiturientInnen sich zu einem Studium ihrer Wahl anmelden können (die Unis könnten doch einfach selbst eine Art Assesment-Center-Eingangsprüfung gestalten)? Diese heilige Kuh könnte doch einmal ein Jahr lang einfach nichts zu melden haben. Was würde denn schon geschehen? Was würde denn geschehen, wenn sich einer meiner Schüler einfach so eine Stuckateur-Ausbildung antreten könnte? Wäre das ein gesamtgesellschaftliches Problem? Ich denke nicht. Daher lasst uns nach dieser Zeit einfach mal out of the box denken, schließlich waren wir tatsächlich out of the box.

Wenn wir die Zukunft der Bildung nach der Pandemie so beherzt angehen wie die Zeit in der Bildung während der Pandemie… Nicht auszudenken, was wir alles gestalten könnten.

Zu diesem Thema habe ich mit learnfluencer unterhalten dürfen:

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https://youtu.be/kDnbqfU_-7E

Wie so eine Blogparade abläuft? Hier ein gutes pic von Bob Blume:

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