Mit Kanonen auf Spatzen

Lesedauer ca. 2 Minuten

Die Generalstaatsanwaltschaft München hat fünf Klimaaktivisten der früheren “Letzten Generation” wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt. Aktivistinnen und Aktivisten, die zivilungehorsam sind, wissen um ihre Grenz- und Regelüberschreitung. Sie wissen, dass sie ein Gesetz brechen, und preisen die rechtlichen Folgen mit ein. Selbstverständlich aber rechnet niemand mit dem Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung. Die Letzte Generation mag diskutabel sein, auch deren Methoden – eine kriminelle Vereinigung aber sind sie nicht. Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen, mit dem Ziel, alle anderen Spatzen den Kanonendonner hören zu lassen, um sie möglichst leise zu halten.

Wenn die Oberstaatsanwaltschaft aus München Aktivistinnen und Aktivisten der Letzten Generation wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung verfolgt, dann ist das ein sehr harter juristischer Vorwurf. Ein Vorwurf, der sich an Menschen richtet, die durch Protest und zivilen Ungehorsam sich für ihre Sache eingesetzt haben. Und zwar für eine gute Sache, für den Klimaschutz. Vermutlich werden alle mit mir übereinstimmen, dass das Ziel, das Klima zu schützen, richtig ist.

Über zivilen Ungehorsam kann man trefflich diskutieren, wenn man das möchte. Doch hat nicht ziviler Ungehorsam die Rechte und die Freiheit von uns allen erkämpft? Wie kann es denn sein, dass in einem Bundesland wie Bayern einerseits in Memmingen der 500 Jahre zurückliegende Bauernaufstand gewürdigt wird, bei dem innere Freiheitsrechte mit zivilem Ungehorsam und Waffengewalt erkämpft wurden, und andererseits Protest und ziviler Widerstand derart kriminalisiert werden? Der weltweite Trend, Widerstand, Kritik und Protest zu kriminalisieren, ist besorgniserregend. Man denke da auch nur an die Nichtzulassung einer Referendarin wegen Aktivismus und Kapitalismuskritik.

Die Anwendung des §129 StGB (Bildung einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung) auf die Letzte Generation wirkt unverhältnismäßig und hat vor allem eine abschreckende Signalwirkung. Während zivilgesellschaftlicher Protest immer eine Gratwanderung zwischen Legalität und Regelbruch ist, liegt der Unterschied zwischen zivilem Ungehorsam und Terrorismus in der Absicht und den Mitteln. Gewaltfreiheit ist ein zentrales Prinzip der Letzten Generation – anders als bei echten terroristischen Gruppen, die gezielt Angst und Schrecken verbreiten.

Hier zeigt sich ein besorgniserregender Trend: Die politische und juristische Reaktion auf Proteste wird zunehmend repressiv, anstatt sich mit den inhaltlichen Anliegen auseinanderzusetzen. Wer Klimaproteste als Terrorismus behandelt, öffnet die Tür für eine Kriminalisierung anderer Formen des Widerstands – und schürt damit letztlich eine tiefere gesellschaftliche Spaltung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

53 − = 50