#Nudesfürnell – Ein Twitterereignis

Lesedauer ca. 4 Minuten

Ein Twitterereignis rund um das Thema der Trennung von Privat- und Berufsleben und etwas Nacktheit.

Unter dem hashtag #NudesFürNell veröffentlichen seit dem 28.06.2020 viele Menschen Bilder auf Twitter mit mehr und weniger nackter Haut aus Solidarität zu einer Frau, die sich auf Twitter Nell, die 78. (@Nell781) nennt. Sie hat, so erzählt es das Netz, Ärger wegen einer freizügigen Zeichnung von ihr, auf der sie oben ohne abgebildet ist.

Original-Tweet

Auf dem Social-Media-Kanal Twitter posten zum Teil völlig unbekannte Menschen Bilder von sich oder Teilen ihres Körpers mit dem Hashtag NudesfürNell. Sie begründen das mit Solidarität und Aussagen wie diesen:

Weil für deine Beurteilung im Beruf dein Sexualleben nicht zu interessieren hat.
#NudesfürNell

oder

Wenn dann mal akzeptiert würde, dass Pflegekräfte Menschen sind (mit Privatleben und Schwächen und Stärken), könnten wir sie vielleicht auch menschlich bezahlen.
#nudesfürnell

Die zur Schau gestellte Nacktheit erzeugt neben der öffentlichen Solidarität eine hohe Attraktivität für Menschen mit exhibitionistischen Zügen und Voyeur:innen.

Einerseits posten Twitter:innen Posts mit einem trendenden Hashtag um Aufmerksamkeit zu erhalten und auf der Öffentlichkeitswelle mitzuschwimmen, anderseits ist es die instrinsische Motivation sich für die Freiheit des Privatlebens im real life und im Netz einzusetzen und zu engagieren. Die meisten User:innen mit erotischen Fotos von sich selbst.

Selbstverständlich geht es in dieser Diskussion und dem Erzeugnis auf Twitter auch um die große Fragestellung ob sich Privatleben und Berufsleben trennen lassen. Ist das Privatleben privat und hat nichts mit dem Leben im Beruf zu tun? Kann man das trennscharf sehen?

Auch Lehrende sind mit dabei.

Dieses Ereignis wirft viele Fragen auf, die nicht einfach oder unter Umständen gar nicht zu beantworten sind. Sie taugen sicher zur Diskussion in den Lehrer:innenzimmern und in höheren Klassen zu den Themen Selbstbestimmung (im Netz), was ist Moral, Privatsphäre, Integrität, Rollenverständnis, Freiheit und oder Vorbildfunktion.

Bezogen auf Lehrer:innen stellen sich nach einem solchen Ereignis alte und neue Fragen – für sich selbst und auch für den überfachlichen (Ethik-) Unterricht und zur Diskussion in den Lehrer:innenzimmern. Ebenso sind diese Fragen auch sehr wichtig für Heranwachsende, die sich im Netz bewegen und (unter Umständen) Privates öffentlich machen.

  • Gibt es eine Trennung zwischen Privat- und Berufsleben?
  • Wenn es eine Grenze zwischen Privat- und Berufsleben gibt, wie ist sie definiert?
  • Definiere ich die Grenze selbst, tut das mein Arbeitgeber oder die Gesellschaft? Oder tun es alle?
  • Wenn es keine Grenze gibt, warum nicht?
  • Ist das Private politisch/öffentlich?
  • Ist die eigene Sexualität relevant für das Berufsleben?
  • Was ist ein gutes Vorbild?
  • Welche Eigenschaften muss ein gutes Vorbild haben?
  • Kann ein Vorbild freizügig abgelichtet im Netz zu sehen sein?
  • Sind Pädagog:innen immer Vorbilder, beruflich als auch privat?
  • Können/dürfen Lehrer:innen sich freizügig in der Öffentlichkeit/im Internet zeigen?
  • Gibt es ein Recht auf (unkommentiertes) Privatleben, wenn man das Private öffentlich macht?
  • Andersherum: Wie öffentlich darf das Private sein um noch als privat zu gelten?
  • (..)

Im Jahr 2017 gab es eine ähnlich geartete Diskussion um Morena Diaz, die bloggt und als Influencerin arbeitet und sich zugleich in der “Body positive”-Bewegung engagiert, weil sie unter Anderem Bikini-Fotos von sich auf Instagram postete.

Bei Morena Diaz hieß es: “Die Präsidentin des aargauischen Lehrerverbandes, Elisabeth Abbassi, sieht das Instagram-Profil von Diaz kritisch. Einerseits könnten die Fotos ein schlechtes Bild bei den Eltern der Schüler abgeben, andererseits mache sich Morena Diaz das Leben bei einer zukünftigen Stellensuche als Lehrerin durch ihren Auftritt selbst schwer.” Wer zu diesem Fall weiterlesen will tue dies hier bei Philippe Wampfler.

Ein weiterer, sehr interessanter und diskussionswürdiger Fall, war im Jahr 2010 der von Thomas Gurrath. Der Heavy-Metal-Sänger beendete mit beidseitigem Einverständnis sein Referendariat, nachdem Kritik an der Darstellung der Musik in der Schule und den Behörden laut wurde (es wurde auch mit seinen Kompetenzen begründet). Hier findet sich ein Artikel der Welt dazu und hier einer der Stuttgarter Nachrichten.

Kollege Bob Blume hat hier etwas dazu geschrieben was Lehrer:innen auf social media dürfen.

Was denkt ihr? Wie ist eure Haltung und Meinung dazu?

Auf jeden Fall wird da eine Ethik-Einheit draus im nächsten SJ.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

− 2 = 3