Nach dem Erwerb der Sprache, der Schrift und des Buchdrucks steht nun die neue Kulturtechnik der Gesellschaft vor der Tür: die Informationstechnologie. Auch die Schule muss ich dieser neuen Situation stellen. Gestern durfte ich auf dem Multimediaberatertag des Kreismeduenzentrums in Biberach einen erfrischenden und motivierenden Vortrag von Christian Neff aus der Schweiz genießen. Seine humorvoll und intelligent vorgetragenen Methoden und Ansätze aus der Schule, für die er verantwortlich ist, bezogen sich auf den Ansatz des BYOD (bring your own device). Bedeutet die Schülerinnen und Schüler arbeiten mit ihren eigenen Endgeräten in der Schule im Unterricht völlig autark und individuell. Selbstverständlich sind dort die nötigen Hardwarevoraussetzungen wie WLAN oder das Vorhalten von mobilen Endgeräten für Schüler, die keines besitzen oder es nicht dabei haben, völlig normal. Von einer solchen Ausstattung können viele Schulen nur träumen. Dort ist es allgemeiner Standard, dass das Nutzen von Smartphones im Unterricht verboten ist. Das ist zu vergleichen damit, wenn es nach der Erfindung des Buchdruck in der Schule verboten gewesen wäre Bücher zu benutzen.
Der neue Bildungsplan sieht Medienerziehung vor, doch wo soll die stattfinden? Christian Neff brachte ein schönes Beispiel: in seiner Klasse werden Kompetenzen wie das Versenden von E-Mails mit Anhängen nebenbei im Alltag gelernt, wenn Schüler*innen der Lehrkraft Unterlagen zukommen lassen. Andere Kollegen führen am Ende des Schuljahres eine Einheit E-Mail-Versand mit Anhängen durch. Nun stellt sich in diesem Fall gar nicht die Frage, was besser ist. Es stellt sich sicher auch nicht die Frage was nachhaltiger ist. Und somit drängt sich gnadenlos die Frage auf, warum sich so viele Schulen noch nicht auf den Weg gemacht haben. Warum nicht die Möglichkeiten eines Smartphone nutzen, wie beispielsweise Aufnahmegerät, Kamera, Kompass, unter Umständen Internetzugang, Notizfunktion und so weiter? Medienerziehung, die gelingen soll, muss doch im Alltag ansetzen. Unsere Schüler*innen verbringen einen Großteil ihrer Lebenszeit in der Schule. Somit stellt die Schule einen zentralen Lebensmittelpunkt dar. Und wo lernen Schüler*innen fürs Leben? In der Schule! Somit muss man sich jetzt sehr anstrengen dagegen zu argumentieren, wenn Stimmen laut werden das Smartphone im Unterricht zu benutzen.
Die Schüler*innen sind sehr wohl in der Lage vernünftig zu arbeiten. Die all umfassende Angst Schüler*innen mit Smartphones und schulischem Internetzugang werden ausschließlich Pornos anschauen, Drogen kaufen oder jemand Cybermobben ist völlig unbegründet und beinahe hysterisch. Auch die Argumentation der Verstrahlung durch WLAN-Geräte ist physikalisch sicher nachvollziehbar, aber wenn dann höchstens, um es in den Worten mit Neff zu sagen, Körperverletzung im Vollzug. Aber Spaß beiseite, diese Bedenkenträger sollten und müssen ernst genommen werden. Zum gelingenden Einsatz von mobilen Endgeräten im Unterricht gehört aber die Möglichkeit mobil das Internet zu nutzen zwingend dazu. Warum nicht WLAN installieren, dass an- unausschaltbar ist?
Ich setze das Smartphone unter anderem im Wirtschaftslehre-Unterricht oder in Ethik ein. Neben der wundervollen App learningapps, setze ich es als Dokumentenkamera ein oder zur gezielten kurzen Recherche im Internet. Ein vorgelesenes Bilderbuch zum Thema Janusz Korczak, entfaltet seine Wirkung ganz anders, wenn über das iPad die entsprechenden Bilder aus dem Bilderbuch an die Wand geworfen werden. Anschließend hatten die Schüler*innen die Aufgabe einen Comic zu Janusz Korczak zu erstellen. Zu Beginn haben wir mit Transparentpapier das Gesicht übertragen und soweit vereinfacht, dass wir es im Comic benutzen können. Die einzelnen Fortschritte der Schüler*innen warfen wir über das iPad direkt an die Wand und inspirierten uns gegenseitig. Die Frage, ob Korczak denn irgendwo ein Grab häbe, obwohl er in Treblinka ermordet wurde, konnte sofort über das durch das Lehrerhandy mit dem Hotspot zugeschaltet Internet recherchiert werden. Der kurze Film “Die Steine weinten” zu Korczak wurde ebenso problemlos über das Tablet gezeigt. Hätten wir WLAN in der Schule, hätten die Schüler*innen auch alternativ mit dem Handy einen Comicgenerator im Netz benutzen können. Diese beiden Möglichkeiten stehen aber nicht in Konkurrenz und die Technik ist auch kein Selbstzweck. Die Auswahlmöglichkeit macht den Unterschied. Sicher hätten einige Schüler*innen den Bleistift und das Blatt gewählt, andere hingegen hätten sich mit dem Comicgenerator im Netz versucht. Warum nicht diese Auswahl zulassen? Ich finde man muss sie fördern!
Jetzt habe ich den Wifi Display Receiver aus China geschickt bekommen. Ökologisch eine Schweinerei, aber hier leider nirgends zu bestellen. Ein Versuch, ob ich es hinkriege, dass alle Schüler*innen mit dem Receiver auf den Beamer zugreifen können. Das wäre ein Quantensprung an unserer Schule. Es würde den Schüler*innen mehr Partizipation im Unterricht zugestehen und Medienbildung würde ganz alltäglich und quasi nebenbei stattfinden. Sie wären ergo direkt am Unterrichtsgeschen beteiligt, ganz im Sinne Korczaks.
Ein Leitmedienwechsel.
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Vielen Dank für den tollen Bericht – freut mich wenn mein Referat angekommen ist!